Ulrich Vogls „Erkenntnisgewinn-Katalysatoren“

Ulrich Vogls Atelier befindet sich in einem großen alten Gebäude, in dem ganz viele Künstler*innen arbeiten – das können wir an der großen Wand im Treppenhaus erkennen, die übersät ist mit unterschiedlichen Briefkästen. Ulrich empfängt uns mit einem sehr breiten und freundlichen Grinsen. Er bittet uns herein und gibt zu, dass er ein bisschen aufgeregt ist und extra vier Stunden lang aufgeräumt hat, bevor wir kamen. Dabei war er sehr gründlich: In einem kleinen Nebenraum sind allerlei Materialien in Kisten, die vielleicht mal irgendwann zu Kunstwerken werden. Und auf einer Empore stapeln sich zahllose Kartons mit rot-weiß gestreiftem Klebeband, in denen fertige Arbeiten darauf warten, gezeigt zu werden.

Einige seiner Kunstwerke hat er aber auch aufgehängt und sie werden direkt von uns inspiziert. Zum Beispiel ragt hoch über unseren Köpfen ein Drahtkorb aus der Wand, der von einem Schleier umhüllt ist. Er erinnert uns an einen Basketballkorb, nur dass der Ball nicht durchfallen kann, weil der Korb unten geschlossen ist. Ulrich zeigt uns, was ihn zu dieser Arbeit inspiriert hat: ein winziges asiatisches Fondue-Sieb. Das hat er dann in sehr viel größer nachgebaut und auf Basketballkorb-Höhe an die Wand gehängt.

Ulrich Vogl steht im Raum und zeigt auf sein Kunstwerk mit seinem Finger: ein Basketballkorb an die Wand gehängt.

Es macht ihm Spaß zu sehen, wie sich Objekte verwandeln und plötzlich etwas ganz anderes oder viele verschiedene Dinge bedeuten können, wenn man beispielsweise ihre Größe verändert. Er nennt die Objekte dann „Erkenntnisgewinn-Katalysatoren“. (Katalysatoren sind Maschinen oder Substanzen, die einen bestimmten Vorgang auslösen oder beschleunigen.) Ulrich möchte mit seiner Kunst – durch Überraschung oder Verwunderung – eine Erkenntnis in Gang setzen, durch die wir unsere Umwelt oder vielleicht auch uns selbst ein bisschen anders wahrnehmen. Dafür braucht es natürlich gute Ideen und Ulrich verrät uns, dass er manchmal, wenn er glaubt, eine besonders gute Idee zu haben, so aufgeregt ist, dass er dreimal aufs Klo muss. Manche Arbeiten mag er nach einer Weile aber auch nicht mehr so gern, weil er nur noch eine ganz bestimmte Sache darin erkennen kann statt viele verschiedene, und das findet er eher langweilig.

Ulrich Vogls Kunstwerk als Modell.

Besonders gern macht Ulrich Kunst aus Momenten oder Erinnerungen. Zum Beispiel hat er beim Zelten einmal beobachtet, wie die Sonne tanzende Schatten von Ästen auf die Zeltwand geworfen hat. Dieses Schauspiel fand er so faszinierend, dass er es immer bei sich haben wollte und direkt nachgebaut hat: Mit Hilfe einer Konstruktion aus einem Spiegel, etwas Klebeband, Ästen, Licht und einem Ventilator kann er die Schatten nun auf jede Wand werfen, die ihn grade umgibt.

Kinder der Ephra-unterwegs Gruppe zeichnen Dinos mit Bleistiften auf ein Blatt Papier.

Ein Schattenspiel baut er dann auch gemeinsam mit uns und es entsteht eine Fantasielandschaft, in die wir unterschiedlichste Formen setzen: Pflanzen, Dinos und Astronauten – oder sind es eher Monster? Am Ende wird das Licht im sonst dunklen Raum angeknipst und der Schatten der Landschaft füllt die große Atelierwand. Ulrich grinst mindestens so breit wie bei unserer Ankunft und selbst wenn er während unseres Besuchs kein einziges Mal auf Toilette war, sind wir davon überzeugt, dass ihn unser Kunstwerk nicht so schnell langweilen wird.

Ulrich Vogls Kunstwerk steht in der Mitte des Raumes: eine Schattenspielinstallation aus den Zeichnungen der Kinder (Dinos, Pflanzen).
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