Auf den Künstlerpfaden von Christian Jankowski

Das Atelier von Christian Jankowski liegt im Osten Berlins an der Spree, zwischen vielen anderen Studios. Es ist von innen ganz weiß, eher schmal, aber dafür sehr hoch. Es gibt drei Stockwerke und echt viele Fenster – nicht nur an der Wand (zur Spree), sondern auch an der Decke (zum Himmel). Im ersten Stock ist sogar ein Fenster in den Boden eingelassen, durch das wir auf die Schreibtische von Christians Assistent*innen im Erdgeschoss schauen können.

Bild eines Mädchens aus der Froschperspektive. Sie steht an einer Brüstung und fotografiert.

An den Wänden hängen verschiedenste Fotografien und auch ein Teppich, in den mysteriöse Zeichnungen eingewebt sind. Der sieht aus wie eine Schatzkarte! Christian verrät uns, dass es mehrere dieser Teppiche gibt und dass die Zeichnungen Wegbeschreibungen sind, die er auf seinen Reisen gesammelt hat. Der Teppich, der auf dem Boden liegt, führt zum Beispiel zu einem Strand in Mexiko. Auf dieser Reise hat er auch den Teppichweber kennengelernt, was ihn auf die Idee gebracht hat, die Skizze in Form eines Teppichs festzuhalten. „Künstlerpfade“ nennt er sie.

Bild eines Mädchens vor einem Kunstwerk von Christian Jankowski.
Zwei Kinder hocken vor dem Künstlerpfad Christian Jankowskis und betrachten diesen.

Einige von Christians Arbeiten haben wir uns schon vorab angesehen und eine ist uns besonders in Erinnerung geblieben: Ein Video, in dem er – ausgerüstet mit Pfeil und Bogen – einen Supermarkt betritt, verschiedene Produkte abschießt und sie dann samt Pfeil auf das Kassenband legt. Wie kam er denn auf diese Idee?!
Christian erzählt, dass er ursprünglich vorhatte, Hasen im Stadtpark zu schießen. Das Zielen hat er vorher zu Hause mit einer Milchtüte geübt und dabei gemerkt, dass ihm das eigentlich viel besser gefällt. Die Hasen durften also (zum Glück!) weiterleben und Christian hat sich dafür entschieden, sein Essen im Supermarkt zu jagen. Später finden wir außerdem heraus, dass er als Kind vor allem surrealistische Kunst toll fand – das sind Arbeiten, in denen Wirklichkeit und Traum verschwimmen. Er mochte besonders, dass dort alltägliche Dinge gezeigt werden, die man eigentlich kennt, aber irgendetwas daran immer anders oder komisch ist. Das erinnert uns an das Bogenschießen und irgendwie passt es auch ein bisschen zu dem Fenster im Boden.

Portrait von Christian Jankowski beim Interview

Was Christian bei seiner Arbeit außerdem wichtig findet, ist Humor. Oft hilft er ihm dabei, auch traurige oder schwierige Dinge zu verstehen und mit ihnen umzugehen. Am allertollsten findet er an der Kunst aber, dass man dabei keine Fehler machen kann, weil es – anders zum Beispiel als bei Grammatik oder Logik – kein richtig oder falsch gibt. Das finden wir auch klasse, sind allerdings der Meinung, dass das manche Kunstlehrer*innen noch nicht so richtig verstanden haben. Zum Beispiel wenn wir alle das Gleiche malen müssen oder etwas genau so aussehen soll, wie in echt! Christian lacht verständnisvoll – zum Glück muss er nicht mehr auf Lehrer*innen hören.

Ein Thema, mit dem sich Christian besonders gerne beschäftigt, sind Denkmäler und Statuen von berühmten Personen oder Ereignissen. Im Atelier hängen zum Beispiel Fotografien von Statuen, die von Menschen massiert werden. Bei einer anderen Arbeit hat er eine ganze Mannschaft von Gewichthebern damit beauftragt, historische Denkmäler im Warschauer öffentlichen Raum anzuheben. Die sprichwörtliche Last der Geschichte wurde dabei greifbar und anschaulich; das hat ihm gut gefallen.

Ein Junge ahmt die Geste der Statue nach, die hinter ihm auf einem Bild zu sehen ist.

Ausgehend von der Idee des Denkmals sprechen wir gemeinsam darüber, wie wir uns selbst verewigen würden: Was macht uns aus, was ist uns besonders wichtig? Anfangs ist es nicht so einfach zu sagen, worauf wir stolz sind oder was von uns in Erinnerung bleiben soll. Aber schon bald sprudeln die Ideen und plötzlich ist es gar nicht mehr so leicht, sich zu entscheiden. Auf einem großen öffentlichen Platz in der Nähe von Christians Atelier suchen wir uns einen Betonsockel und setzen uns in Szene: beim Angeln, beim Kicken, beim Malen, zusammen mit der besten Freundin oder bei der Rettung eines Schmetterlings in Not. Die Posen halten wir auf Polaroid-Fotos fest, aus der Froschperspektive – also von unten fotografiert – damit wir noch ein bisschen held*innenhafter erscheinen (deswegen stehen Statuen oft auf so hohen Sockeln!).

Aufsicht auf einen Jungen, der den linken Arm leicht angehoben und die Hand zur Faust geballt hat.
Die Hand eines Kindes hält ein Polaroid, auf dem ein Mädchen kniend abgebildet ist.
Zwei Mädchen stehen sich gegenüber und formen mit ihren beiden Fingern ein Herz.

Gefühlt zwei Zentimeter größer als noch am Morgen treten wir den Rückweg an und stellen uns vor, wie sich der wohl auf einem Teppich machen würde. In jedem Fall ist es ein echter Künstler*innenpfad!

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