Yorgos Sapountzis und die Stadt als Bühne

Irgendwo in Lichtenberg, zwischen dem bekannten Dong Xuang Center und anderen Industriearealen, befindet sich das Atelier von Yorgos Sapountzis. Und das suchen wir! Allerdings ist es so gut versteckt, dass wir den auf uns wartenden Yorgos erst auf den zweiten Versuch finden. Er empfängt uns im Hof und begleitet uns durch das Gebäude, über eine kleine Dachterrasse hinweg in sein herrlich verstecktes Atelier. Hier versammeln sich zahllose Modelle, bedruckte Stoffe, Metallgestänge, Figuren und viele kleine Kuriositäten – und auch wir finden gemütlich Platz in einer Sofa-Ecke.


Yorgos kommt aus Athen, der Wiege des europäischen Theaters, was ihn mit Stolz erfüllt. Man spürt seine Faszination und Liebe fürs Theater sehr! Schon als Kind liebte er die Kunst, malte sehr viel und wusste, dass er einmal Künstler werden würde. Im Studium machte er ein Austauschsemester an der UdK in Berlin, das er dann für weitere 6 Monate verlängerte – und wieder verlängerte. Mittlerweile lebt er schon seit zwanzig Jahren hier!
Wir fragen ihn, ob in so einem versteckten Atelier auch Kunst entsteht, die etwas versteckt. Daraufhin lacht Yorgos: „Ich verstecke nichts, ich zeige!“

Bild der Arbeitsmittel von Yorgos Sapountzis

In der Mitte des Raumes steht ein großes aus Papier gefertigtes Modell eines Amphitheaters. Es ist das Amphitheater in Epidauros auf Peloponnes, das als eines der ersten Theater der Welt gilt. Und hierfür hat Yorgos ein Bühnenbild gemacht. Yorgos erzählt uns, dass die Stadt für ihn eigentlich auch wie eine Bühne ist und wir, die wir uns darin bewegen, immer Teil einer großen Aufführung. Bei Yorgos wird die Erinnerung an eine Stadt und die Begegnungen mit ihrer Architektur zum Material, aus dem er Geschichten erzählt oder baut. In seinen Performances und Installationen tauchen alle möglichen Dinge auf, die ihm im Alltag begegnen. Denn Yorgos mag es Dinge zu finden und aufzuspüren, so wie die lebensgroße plüschige Figur eines Hundes, die zwischen seiner Kunst steht. Die hatte ein Tischler auf der Straße in Münster gefunden und wurde dann Teil einer Installation von Yorgos. Oder das Osterei, das in griechischer Tradition schon seit bestimmt sechs Jahren in einer Ecke ganz oben an der Wand hängt (und unseren aufmerksamen Augen nicht entgeht).

Bild der Arbeiten von Yorgos Sapountzis

Zusammen sprechen wir über Skulpturen und Statuen, die wir in Berlin schon gesehen haben: Wir erinnern uns an die Löwen im Tiergarten oder die Pferde auf dem Brandenburger Tor, aber auch die nackten Figuren aus dem Park in Lichtenberg, die hier überall auf Stoffe gedruckt sind. Und die malen wir jetzt alle auf einen Stoff. Stoff ist überhaupt ein Lieblingsmaterial von Yorgos, weil er zum Körper gehört und der Körper zur Performance. Yorgos macht auch Performances; einmal war er zum Beispiel ein menschlicher Springbrunnen. Dass dabei das Publikum anwesend ist, ist wichtig, denn die gemeinsame Zeit, die er mit dem Publikum verbringt und die Empathie, die dabei entstehen kann, ist das, was ihn daran so fasziniert.

Bild von Yorgos Sapountzis. Zwei Kinder bemalen sein Hemd.

Dann setzt sich Yorgos auf den Boden des Ateliers und lädt uns ein, auf seinem weißen Hemd weiterzumalen. Und das ist so vieles gleichzeitig: irritierend, neu, komisch, nah, lustig. Hinterher gibt Yorgos zu, dass es gar nicht so einfach war, dass es eigentlich immer wieder eine Herausforderung ist, sich vor ein Publikum zu begeben. Aber hinterher, wie er da in seinem frisch bemalten Hemd steht und uns verabschiedet, wirkt er sehr stolz und zufrieden, dass er sich wieder einmal getraut hat…

Bild des Hemdes von Yorgos Sapountzis, was mehrere Kinder bemalen.
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