Stella Meris malt den Körper im Kopf

Masken von Stella Meris im Ephra Studio.

Heute erwarten wir wieder hohen Besuch im Ephra Studio, denn Stella Meris hat sich angekündigt. Die Maler*in und Multimedia-Künstler*in zeigt uns, was sie so macht. Und dafür hat sie einiges mitgebracht – bunte Masken, einen ganz langen Stoffarm, gerahmte Bilder und sogar digitale Arbeiten. Auf einmal wimmelt es an den sonst weißen Wänden von Farben und Formen. Was wir alles auf den Werken entdecken? Wir sammeln: Augen, Tropfen, ein Auto, Gras, Häuser, einen Arm, Gesichter und Finger. Einen Kamm, einen Felsen mit Portal, eine Sonne (oder doch wieder ein Auge?), Zähne, eine Antenne – darunter sind einige Dinge, die Stella in ihren Bildern selbst noch gar nicht gesehen hat. Wir könnten ewig so weiter machen!

Ein Kunstwerk der Künstler*in Stella Meris.

Stella erzählt, dass sie am Anfang nie weiß, wie das fertige Bild aussehen wird. Manchmal beginnt sie mit einer Idee, die sich dann aber komplett anders weiterentwickelt. Oft dreht die Künstler*in das Bild zum Malen auch auf den Kopf oder zerschneidet den Stoff der Leinwand und setzt ihn später anders wieder zusammen.

Und woher weiß sie, wann ein Bild fertig ist? Hier vertraut die Künstler*in ganz intuitiv auf ihr Bauchgefühl. Wenn sie sich nicht sicher ist, lässt sie das Bild ein paar Tage in Ruhe und guckt dann noch einmal drauf. Manchmal weiß sie auch erst ein Jahr später, ob ein Bild fertig ist oder wie sie es beenden kann.

Als nächstes wollen wir von ihr wissen, woher die Ideen für die Motive ihrer Bilder kommen. Stella erklärt es sich so: Manchmal fühlt sie sich wie ein Schwamm, der Eindrücke aufsaugt und dann in die Bilder einfließen lässt. Als sie noch ganz in Berlin gelebt hat (Stella hat hier studiert und pendelt jetzt zwischen Berlin und Basel), zogen viele städtische Strukturen in ihre Gemälde ein; jetzt lebt sie mehr im Grünen, weshalb man vermehrt Natur und Tiere entdecken kann. (Ihre Lieblingstiere sind übrigens Schmetterlinge, Hasen und Vögel.)

Und wie kommt es zu all den Körperteilen? Vor dem Malen konzentriert sich Stella ganz bewusst auf ihr Körpergefühl, schließt die Augen und achtet darauf, wie sich ihr Körper- und Raumgefühl verändert. Diese Übung nennt sich Bodyscan. Häufig zeichnet sie im Anschluss Umrisse ihres Körpers und dessen Teile auf das Papier oder den Stoff.

Stella Meris beim Interview mit den Ephra unterwegs-Kindern.
Ephra unterwegs-Kinder halten einen von Stella Meris modellierten Arm.

Überhaupt ist der (eigene) Körper ganz wichtig in Stellas Arbeit, beim Malen oder den Performances, die sie gemeinsam mit einem Kollektiv (bestehend aus drei weiteren Künstler*innen) macht. Wir erinnern uns, dass eine Performance ein Auftritt vor Publikum ist, bei dem man mit dem Körper Kunst macht – durch Bewegung und Interaktion mit dem Raum. Ein Überbleibsel einer Performance ist der lange Stoffarm in der Ecke, in den man den eigenen Arm stecken kann. Den probieren wir gleich an und ratzfatz entsteht eine Art kollektive Performance. Der Arm ist nämlich viel zu lang für eine Person und der Armträger bekommt Unterstützung beim Bewegen von einer Mitschülerin.  

Ephra unterwegs-Kinder probieren den Instagram-Filter von Stella Meris aus.

Wir fragen uns: Wenn der Körper für Stella so wichtig ist – wie kommt es dann, dass sie außerdem viel mit digitalen, also körperlosen Medien arbeitet? Stella hatte ihre erste große Einzelausstellung in einer Galerie während der Pandemie… und niemand durfte rein. Also hat sie überlegt, wie sie die Kunst zu den Leuten bringen kann. Entstanden ist dabei eine ganze Welt, die man mit einer Virtual Reality-Brille erkunden kann, und Instagram-Filter, die wie ihre Masken aussehen. Die probieren wir aus und haben einen Riesenspaß, Gruppenfotos von uns zu machen.

Zum Schluss dürfen wir auch ein großes Stück Stoff à la Stella bemalen. Natürlich beginnen wir mit einem Bodyscan und legen uns alle auf den Rücken. Mit geschlossenen Augen lauschen wir Stellas Stimme, die unsere Aufmerksamkeit von den Zehen zu den Füßen über die Arme hin zum Herz lenkt. Bei der Körpermitte halten wir kurz inne und spüren ein warmes Gefühl, als all unsere Gedanken im Bauch ankommen. Mit dem Gefühl des Körpers im Kopf zeichnen wir zuerst gegenseitig unsere Umrisse auf den Stoff. Das sieht fast so aus als hätte ein (tragischer) Unfall stattgefunden. Gemeinschaftlich füllen wir dann die leere Leinwand mit Galaxien, Händen mit lackierten Fingernägeln, Blumen, unterschiedlichen Tieren, Augen, Regenbogen, Tropfen, Kuddelmuddel. Wir malen mit Buntstiften, Ölkreiden und Acryl, mit beiden Händen, mit links und geschlossenen Augen – vor allem aber: alle zusammen. Das wird uns in Erinnerung bleiben. In ein paar Tagen können wir auf das getrocknete Bild gucken und dann entscheiden wir aus dem Bauch heraus, ob es schon fertig ist… so wie Stella es auch tun würde.

Ephra unterwegs-Kinder stehen vor den Kunstwerken von Stella Meris.
Ein Ephra unterwegs-Kind liegt auf der Stoffbahn im Ephra Studio.
Ephra unterwegs-Kinder bemalen den Stoff wie Stella Meris.
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